Mittwoch, 25. Juli 2007

Johann Vechner: Klagegedicht


Paul Flemings deutsche Gedichte
herausgegeben von J.M. Lappenberg. II.

Bibliothek des Litterarischen Vereins in Stuttgart 1865









Kategorie: Buchstabenpalindrome
Art: barocke Dichtung

In dieser Ausgabe von Flemings Gedichten sind auch Texte von und über seinen Freund Georg Gloger enthalten, der 1631 starb. In einem der Klagegedichte, die zu dessen Tod entstanden, klingt das Wortspiel Nebel - Leben an (S. 679):
Wie wunderlich ists doch mit aller Menschen Leben,
Es lebt und lebt auch nicht, es schwebt und kan nicht schweben;
   Im Himmel lebts allein, hier stirbt es und versteubt,
   Wo dieses sterben kan, was nach dem Himmel treibt.
Doch heißts gestorben hier. Wol, aber wol, der Sterben
Wenns hier geschicht, nicht acht; noch seliger, der erben
   Mit Sterben wil bey Gott. Das Leben in der Welt
   Ist doch nichts als nur Wind und Neben, der da fehlt
Und itzt vergeht auch. Lies L e b e n nur zurücke,
So wirstu sehen balt die schlimme Nebelbrücke,
   Auf der, was Mensch heißt, trutzt. Ein Nebel, Rauch und Staub,
   Den Nord und Ost verschluckt in sich, ein leichtes Laub,
Wenns von den Bäumen fleugt, ist Menschengeist auf Erden.
Und was man Leben nennt, der Leib muß Asche werden,
   Das Leben leben ab alhier; und muß dich ein
   (Obs gleich die Sinnen bricht) zu eitel Sonnenschein,
Wenns nemblich hier ist todt. Wer wolte denn gedenken,
Es sey Verbleiben Angst? Angst, Zittern, Furcht und Krenken,
   Dem Leben legt man zu; der Tod ist Leben, Tod
   Ist eine Rettung nur aus vieler Pein und Noth.
Der Tod giebt Ewigkeit: das Leben kan nicht haben,
Was immer bleiben muß, wen nicht zuvor vergraben
   Sein Haus, der Körper, ist. Drumb freuet euch mit mir,
   Wenn ihr vom Tode hört; des Lebens gröste Zier
Bringt unser Gang ins Grab; der Gang ins Grab macht schweben
Da wo Gott ewig leben und leben wil. Das Leben
   Ist Übel in der Welt, im Himmel Ewigkeit,
   Die auch Herr Glogern itzt zu seinen Füßen leit.
Johannes Vechnerus, Sprottaviensis Silesius

Das hier vorgestellte Exemplar befindet sich im digitalisierten Bestand der Google-Buchsuche und ist dort vollständig online zugänglich.