Dienstag, 17. August 2010

Anneliese Felber: Das Satorquadrat: Geheimcode im frühen Christentum?


In: Christian Wessly, Alexander D. Ornella (Hg.): Religion und Mediengesellschaft.
Beiträge zu einem Paradoxon
Tyrolia-Verlag 2010, 310 Seiten mit Abb.
ISBN 978-3-7022-3052-4



"Religiösen Versatzstücke scheinen in der aktuellen Lebenswelt dichter und wichtiger zu werden, gerade in allen medialen Kontexten: in Computerspielen, in der volkstümlichen Musik, im Web 2.0 mit seinen Vernetzungsplattformen usw. Die Beiträge in diesem Band beleuchten das aus unterschiedlichen Blickwinkeln." (Quelle: Verlagswebseite)


Darin findet sich u.a. auf Seite 105f ein Fachartikel von Anneliese Felber (Uni Graz): Das Satorquadrat: Geheimcode im frühen Christentum? Darin zeichnet die Autorin bisherige Deutungsversuche dieses rätselhaften Palindroms nach, sein Auftreten und Verwendung in den vergangenen Jahrhunderten und beleuchtet die (noch immer unbeantwortete) Frage nach dessen Herkunft oder religiösem Ursprung. Dem interessierten Leser wird so eine gelungene und kompakte Zusammenschau des aktuellen Wissenstandes an die Hand gegeben. Hier ein Auszug von S. 109f:

"3. Funde
1868 wurde das Satorquadrat als Wandinschrift am Verputz eines römischen Hauses in England (Cirencester) gefunden, die ins 4. Jh. datiert wird.

   - Auf einem Bronzeamulett aus Kleinasien, das ab 1907 im Kaiser-Friedrich-Museum in Berlin war, seit dem 2. Weltkrieg aber verschollen ist: ein runder Anhänger mit zwei einander zugekehrten Fischen und der Satorformel auf Schachbrettmuster, griechisch geschrieben, wobei o mit ω wiedergegeben wird (Abb. 10).
   - 1931–33 wurden vier Beispiele mit rotas beginnend in Dura Europos am Euphrat entdeckt. Vermutlich haben Soldaten der römischen Garnison zu Beginn des 3. Jhs diese Inschriften in einem Seitenraum eines Artemistempels in die Wände geritzt. Drei sind mit lateinischen Buchstaben, eine griechisch (mit o) geschrieben.
   - zwei Vorkommen (Graffiti) in Pompeji, die vor dem Vesuvausbruch 79 n.Chr. anzusetzen sind. Das sind die ältesten Zeugen, die die christliche Interpretation ins Wanken gebracht haben. Das eine Graffito wurde 1925 am Wandverputz im Haus eines gewissen Publius Paquius Proculus gefunden und enthält die Enden dreier Worte (Abb. 11). 1936 wurde eine Inschrift an einer Säule der großen Palästra, der zentralen Sport- und Badeanlage, die aus augusteischer Zeit stammt, entdeckt (Abb. 12-13). Sie ist mit zusätzlichen Zeichen versehen, einem Gruß an Sautranus, der wahrscheinlich von anderer Hand stammt und gut in den Kontext der Badeanlage passt.
   - Auf einem Ziegelstein aus Aquincum (Budapest), gefunden 1952, in der Mauer des Palastes des Statthalters der Provinz Pannonia Inferior. Es war vor dem Brennen eingeritzt worden (107/8n.Chr.).
   - 1969 wurde in Rom, Santa Maria Maggiore, ein Graffito aus dem 3./4. Jh. entdeckt.
   Häufige Funde wurden in Ägypten gemacht auf Ostraka, Amuletten, Papyri und Inschriften, meist durch Beischriften (z.B. ein Kreuz) als christlich ausgewiesen und apotropäisch verwendet. Seit dem 9. Jh. setzt die Verbreitung in Europa ein, auch in Handschriften."

Auszug mit freundlicher Genehmigung der Autorin. Herzlichen Dank!